Dienstag, 15. Januar 2008

Erklärungsversuche für miserable Vorab Berechnungen – weitere sollen folgen…

Das Preisgefüge „zu treffen“, ist denke ich eine der schwersten Entscheidungen, die Sie bei der Planung Ihres Objektes zu machen haben. An anderer Stelle hatte ich bereits erwähnt das ein massives Nach-kalkulieren, sprich merkbare Preiserhöhungen oder Senkungen, kurz nach der Eröffnung, in meinen Augen ein großer Fehler sind – es zeigt eines: Sie haben sie bei der Einschätzung des nötigen Preisgefüges in Ihrer Bar gehörig verschätzt.
In einer klassischen Bar verkaufen Sie alles, außer Wahre. Sie verkaufen Atmosphäre, Stimmung, eine besondere Zeit. Ernsthafte Wirkungstrinker, die hier aufs Preisgefüge bei Trink-Preis-Leistungsverhältnis schauen zu bewirten darf nicht Ihr Ansporn werden. Das Ihre Gäste über den Abend auch die Wirkung des Alkohols spüren ist ein angenehmer Nebeneffekt eines Bar Besuchs, sollte allerdings nie das eigentliche Ziel sein.
Das klassische a la carte Geschäft im Gastgewerbe ist losgelöst von all zu traditionellen Regeln eines kaufmännischen Betriebes. Ihre Dienstleistung ist im Grunde genommen hochgradig überflüssig. Es gibt Menschen, die sind in der Lage ein Leben zu verbringen, ohne jemals eine anständige Bar besucht zu haben. Für Sie und mich sicherlich unverständlich, behaupten solche (Un-)Menschen ein Barbesuch würde in keinster Weise zu den notwendigen Konsumgütern eines Durchschnittseuropäers gehören (aber wer möchte schon Durchschnitt sein). 
Somit verlässt der Besuch einer anständigen Bar also den Bereich des Notwendigen und siedelt sich im „Luxus“ Segment an. In dieser Ecke fühlen wir uns als Bartender in der Regel recht wohl und freuen uns, das wir den Rahmen des „Normalen, Vernünftigen und Gewohnten“ verlassen dürfen. Damit ist grundsätzlich alles Möglich – ein Cappuccino für gut 10,00 Euro  in einem Mailänder Café oder ein Vorspeisen-Carpaccio aus dem Hause des Erfinders „Harry“ in Venedig für gut 40,00 Euro.
Ich möchte sie nun keineswegs zu Wucher aufrufen, Ihnen nur den Rahmen vorgeben, wo es hingehen kann mit Ihrem Betrieb. 
Zurück auf dem Boden der Tatsachen, fangen Sie an Ihre Stadt zu erkunden. Je nach zukünftiger Lage  und Ihrer Ausstattung bewegen sich Ihre zukünftigen Gäste in einem gewissen Kiez, der ganzen Stadt oder sind gar international. Sie beginnen Ihr Konzept „einzuordnen“, beginnen zu vergleichen für welche Lage und Leistung Ihre zukünftigen Gäste bereit sind welchen Preis zu bezahlen. Eines können Sie natürlich nicht Messen oder direkt bestimmen: Atmosphäre, Stimmung etc. Vielleicht haben Sie auch einfach langjährige Erfahrung in Ihrer Stadt und Ihrer Branche -> verlassen Sie sich drauf und vergessen Sie irgendwelche Eckdaten irgendwelcher Berufsverbände etc.
Sie haben ein Konzept im Kopf und wissen irgendwann wo Sie dieses „Preislich“ einordnen dürfen. Nun haben Sie eine Location gefunden (deren Lage zu Ihren Konzept passt) und sammeln nun nach und nach Zahlen:

Welche Miete wird anfallen?
Wie hoch wird die Umbausumme sein?
Müssen Sie finanzieren – wie hoch sind die Kosten?
Wie schätzen Sie die Auslastung ein, wie viel Personal ist für diese Auslastung notwendig? Wie ist Ihr Plan bei mehr oder weniger Auslastung?
Wie ist Ihr Preisgefüge?
Wie schätzen Sie Durchschnittsverzehr, Verweildauer etc ein.
Welche anderen Kosten (Versicherungen, Telefon, Verwaltung etc) fallen an?
Je mehr planbare Kostenpunkte anfallen, um so besser. Was Sie nicht benennen können müssen Sie nach besten Wissen schätzen. Machen Sie Milchmädchenrechnungen! Sie sind schnell und geben Ihnen ein erstes Gefühl. Schreiben Sie alle Kosten für einen Monat auf. Wenn Ihr „Kerngeschäft“ z.B. Cocktails und Longdrinks sind, nehmen Sie deren Kalkulation und Wareneinsätze als Grundlage. Rechnen Sie z.B. mit 23 % Wareneinsatz, heißt das, Ihnen bleiben in der Regel bei 1000 Euro netto Umsatz ein Rohgewinn von 770,00 Euro. Nun schätzen Sie auf Grund Ihrer Erfahrungswerte wie viele Gäste Sie am Abend bewirten werden und wie lange diese bei Ihnen Verweilen. Sagen wir mal Sie rechnen mit einem Durchschnittsbon von 20,00 Euro pro Gast. Sie haben z.B. Platz für 50 Gäste und rechnen Freitags und Samstag damit diese zweimal zu besetzen. Donnerstag nehmen Sie Anfangs eine knappe einfache Besetzung an, Sonntag und Montag werden eher sehr ruhig mit 20 Gästen und Dienstag und Mittwochs rechnen Sie mit je 30 Gästen.
Macht zweihundertfünfzig Gäste a 20 Euro in der Woche und somit einen Brutto Umsatz von 5000,00 Euro. Ziehen Sie Mehrwertsteuer und Wareneinsatz ab und Sie kommen auf einen Rohertrag pro Woche bzw. pro Monat.
Die Zahlen Sie zugegebener Massen frei ersonnen und nicht wirklich Praxis tauglich. Das schöne ist nur, das all Ihre vorab Berechnungen, all die Mühe die Sie sich gemacht haben, am Ende des Projektes doch nicht stimmen. Sie benötigen Sie aber um wichtige Eckdaten zu ermitteln (was ist z.B. der absolute „Mindestumsatz“ für einen wirtschaftlichen Betrieb).
Anhand dieser Eckdaten sollten Sie erkennen können, ob Ihr Objekt ansatzweise wirtschaftlich ist. Die Zahlen, die später, real, folgen, werde andere sein als Sie denken und Sie sollten sich „Türen“ nach oben offen lassen. Wenn Sie damit rechnen das Sie Longdrinks und Cocktails verkaufen, Ihre Atmosphäre aber eventuelle auch Champagnerlaune verbreitet, sollten Sie Champagner im Angebot haben. Wer weiss was passiert? Vergessen Sie nicht – Sie verkaufen alles außer Ware – Sie verkaufen exklusiven Genuss!
Wenn Sie echte Qualität anbieten, sollten Sie sich nicht von den Unkenrufen der Geiz ist Geil Proleten aus der Ruhe bringen lassen. Ein sehr gelungene Bar mit sehr gutem Personal zu betreiben und dies noch zu moderaten Preisen wird Ihnen sicherlich eine gute Auslastung bringen, ist allerdings keine echte Herausforderung. Einen sehr guten Preis (aus Betreiber Sicht) für sehr gute Leistung durchsetzen, ist hingegen die eigentliche Kunst und wird sich, wenn es auch zu Beginn länger dauert, auf lange Sicht als sehr sinnvoll erweisen. Eins muss nur klar sein: Wenn Sie sich preislich „nach oben“ absetzen, müssen Sie höchste Qualität und beste Dienstleistung liefern. 
Das interessante am Bar Geschäft ist das Unplanbare. An einem Montag Abend geht die Tür auf und Sie verkaufen 3 Flaschen Magnum Champagner an 6 Gäste und haben die ersten 700 Euro umgesetzt. Ein Samstag Abend, alle Plätze sind besetzt, ist vom pro Kopf Umsatz und somit im Gesamten eher „überschaubar“ – sprich im Verhältnis schlechter Umsatz – kurz: es wird zurückhaltend konsumiert. Soviel zum betriebswirtschaftlichen. Nun kann es sein das die 6 Gäste am Montag neureiche Wichtigtuer waren und die Gäste am Samstag Abend für einen bezaubernden Abend sorgten und Ihr Konzept für sich entdeckt haben – ertragen Sie den Montag und freuen Sie sich über den Samstag!
Wichtig bei allen Berechnungen: bei welchem Mindestumsatz trägt sich das Objekt – mit welchen Mitteln ist dieser zu schaffen? Darüber hinaus kann ich schon nach 6 Wochen sagen das alle Modell Rechnungen die wir im Vorfeld angestellt hatten, sich als nicht richtig erwiesen haben.
Der Dezember war für unseren ersten Monat gut und der Januar entwickelt sich nach ersten sehr ruhigen Tagen sehr gut. Noch ist es zu früh, Zahlen bekannt zu geben, aber ich werde das bei Gelegenheit nachholen.

Freitag, 11. Januar 2008

Bitte um Mithilfe

Der Barbaublog gibt sich mit unberechenbarer Unregelmässigkeit der Berichterstattung aus dem “Le Lion” hin. Allerdings ist sicher der Verfasser dieser Zeilen im speziellen oft gar nicht sicher ob der geneigte barbaublog Leser Interesse an seinen oft langwierigen Ausführungen hat. Daher meine Frage an an bbb-Leser: Was möchten Sie wissen?
Anders formuliert: Ich möchte einen “Fragenkatalog” erstellen, um einige .pdf Seiten über das Projekt Le Lion zu verfassen. Dazu fehlt mir ein treffsicheres  Gespür – Was genau möchten Sie beantwortet wissen?
Also – Aufruf zur Mithilfe per Kommentar: Bitte stellen Sie Ihre Fragen!

Das Menü des Löwen

Die “Erste Barkarte” des Löwen


Wie an anderer Stelle beschrieben, habe ich mir eine sehr kleine Karte gewünscht, kein Buch, dass den Gast erschlägt.  Alles weitere regelt das persönliche “Bestellungsgespräch”.
Ich würde mich über Kritik per Kommentar freuen.

Donnerstag, 10. Januar 2008

Der Preis, das Wasser, kalkulatorische Gedanken und ein Cuvert

Im Drinksblog berichtet Helmut heute über den Artikel “Branding für Leitungswasser”vom Werbeblogger. Roland Kühl-v. Puttkamer schreibt hier über die Kampagne “Tappening”. Der Werbeblogger verrät Seine Meinung zur Wasserfrage in der Gastronomie:
“…Mich persönlich hat es auch schon immer gestört, wenn Restaurants mich “zwingen” wollten, zu meiner Flasche Rotwein auch noch 5-7€ für eine Flasche Wasser auszugeben. Ich bestelle grundsätzlich Leitungswasser (mit vielen anderen teuren Leckereien), und wer diesem Wunsch als Restaurant nicht folgen will oder kann, sieht mich als Kunde nicht wieder. ”

In einem früheren barbaublog Artikel hatte ich mich zum “Thema WASSER” geäußert, denn schon die Gründerväter unserer Profession wussten, das es sich gehört dem Gast mit einem Glas kostenlosem Eiswasser zu begrüßen. Das Trinken in der Bar dient in erster Linie nicht dem Durst, sondern dem Genuss!So wie der Werbeblogger nehmen, denke ich, viele Gäste die Preisgestaltung in der Gastronomie wahr – Warum zum Wein auch noch “teures” Wasser bezahlen?Das sich das Konsumverhalten der Gäste in den letzten Jahren sehr verändert hat ist sicherlich nicht Problem des Gastes, führt aber zu solchen kalkulatorischen Ungereimtheiten und sollte bei der Preisgestaltung bedacht werden.
Das vermeintliche “ausloten” des Preisgefüges, ist sicherlich die schwierigste Aufgabe bei der Planung des zukünftigen Geschäfts. Ein hektisches nach kalkulieren nach dem Motto: Zu wenig los = billiger werden ; völlig überlaufen = Preise erhöhen ist in meinen Augen ein sehr großer Fehler. „Happy Hour“ und andere “Aktionen” erscheinen mir, auch wenn z.B. Berliner Kollegen mir gegenüber diese als evident bezeichnen, für eine Bar nicht angebracht.
Im Le Lion haben wir eine Tafelwasseranlage installiert und alle Gäste bekommen soviel Tafelwasser wie Sie möchten, selbstverständlich kostenlos. Unsere Getränke hingegen sind, ich nenne es einmal “Innenstadt gerecht kalkuliert” -> Longdrinks kosten 12.00 Euro – Cocktails zwischen 11.00 und 13.00 Euro, Champagnercocktails ca. 15.00 Euro um nur einige Richtpreise zu nennen. Vielen Gäste empfinden den kostenlosen Wasserservice als sehr angenehm. Folgende positive Nebeneffekte konnten wir beobachten:
* Die Gäste haben das Gefühl etwas “Geschenkt” zu bekommen
* Man trinkt automatisch mehr Wasser – gut gegen “Nachwirkungen…”
* Wir haben öfter die Möglichkeit, ohne zu stören an den Tisch zu gehen und somit erstens unaufdringlichen Zusatzverkauf (“Darf es noch ein Cocktails sein?”) zu generieren und zweitens bei den Gästen als sehr aufmerksamer Service wahrgenommen zu werden.
* Das Trinkgeld im Löwen liegt oft über 10% und ich denke dieses “Mittel” ist ein Tool um Zufriedenheit und damit Trinkgeld zu erzeugen
Andererseits nutzen wir unsere Kalkulation um unser Geschäft zu Steuern. Le Lion ist mit knapp 30 Plätzen nicht wirklich groß und so ist es für von Bedeutung “trinkende” Gäste zu bewirten. Le Lion ist eine reine Bar – weder Kaffee, Bistro, Lounge, Restaurant oder sonst etwas und bietet somit unserer Definition nach in erster Linie alkoholische Getränke an. Sicherlich spricht nichts gegen den Verkauf von alkoholfreien Getränken. Alkoholfreie Cocktails liegen z.B. in der Regel bei ca. 8,00 Euro. Alkoholfreie “Klassiker” wie z.b. Apfelsaft/Schorle oder auch Cranberrysaft haben wir bewusst nicht ins Programm genommen. Bionade, Carpe Diem und anderer Auswüchse um sich greifender Wellness Kultur mussten ebenfalls draußen bleiben. Neben Wasser, sehr wenigen frischen Säften (z.B. Orangensaft), wenigen Fillern (z.B. Coca Cola oder Fentimans Tonic Water & Ginger Beer) gibt es außer alkoholfreien Cocktails kein weiteres alkoholfreies Angebot. Wir servieren keinen Café Latte oder Milchkaffee – ein Cappuccino (4,50 Euro) und ein Espresso (3,00) hingegen werden selbstverständlich bis zum Morgen serviert. Ein “Die Espressomaschine ist bereits gereinigt” gibt es nicht im Löwen (Was nicht heißen soll, das Sie nicht gereinigt wird…). Diese beiden Kaffeespezialitäten sind bewusst nicht “günstig” – falls Gäste allerdings nach Ihrer Flasche Champagner noch einen Espresso benötigen um dann bei den Cocktails einzusteigen, kann es durchaus passieren, das dieser “lebensrettende” Espresso niemals auf der Rechnung auftaucht. Letzten Endes ist es unschön, wenn wie vom Werbeblogger beschrieben, der Eindruck entsteht, man möchte die Gäste zu weiterem Verzehr zwingen. Eigentlich müsste im Speiselokal nicht das Wasser mit fast 1000% Kalkuliert werden, sondern das Essen deutlich teurer sein. Die klassische “Mischkalkulation” läuft immer Gefahr, die Gäste, die gerne und viel Verzehren möchten, mit dem vorhandenen Preisgefüge zu bestrafen. In kleinen, inhabergeführten Lokalen kann der Patron am richtigen Tisch reagieren, wenn beispielsweise die fünfte Flasche Champagner aufs Haus geht oder im kleineren Rahmen ein Espresso nicht “gebont” wird. Im Ausland ist es in einigen Ländern Sitte, ein Cuvert zu berechnen. Wie wäre es mit einem Cuvertpreis für eine Bar? Sie berechnen 25,00 Euro sozusagen für “das Platz nehmen” und die Getränke sind mehr als freundlich kalkuliert. Ich als in der Regel “gut” konsumierender Gast hätte das erste mal das Gefühl, “wenig” konsumierende Gäste nicht zu subventionieren. Gerade in kleinen Lokalen ist es überlebenswichtig, das Sie die Besetzung Ihrer Plätze steuern. Wenn Ihr Lokal mit Schorle und Cappuccino trinkenden Gäste gefüllt ist, die sich unglücklicher weise auch noch sehr viel zu erzählen haben (und darüber hinaus das Nachbestellen vergessen) wird Ihnen am morgen der Z-Abschlag an der Kasse wenig Freude bereiten. Wechseln in Ihrer meinetwegen nur halb vollen Bar mehre Flaschen Jahrgangschampagner den Besitzer und der Tresen wird von trinkfesten Cocktailliebhabern “umlagert” wird Ihr Kassenabschlag Ihnen wahrscheinlich einen sehr entspannten Feierabend bereiten. Neureiche Wichtigtuer sind dabei sicherlich nicht das gewünschte Klientel. Der Grad ist schmal aber am Ende des Monats muss ein Plus unter der betriebswirtschaftlichen Auswertung stehen. Etwas zu “Verschenken”, wie in unserem Fall kostenloses Tafelwasser wird grundsätzlich positive aufgenommen und ich denke als Gastronom könnte es einer Ihrer USP’s werden. Sicherlich müssen Sie Konzept und Preisgestaltung an diese Situation anpassen, aber es wird Sie zur Zeit noch deutlich von Ihren Mitbewerbern unterscheiden. Na dann ein “Cheers” aufs Wasser – wobei: mit Wasser sollte man nicht anstoßen…

Mittwoch, 9. Januar 2008

Der Erste Monat, warum Bar 1.0 Web 2.0 haushoch schlägt und die Gralsritter der Nacht



Le Lion, Bar de Paris, wurde von uns am Freitag, den 30. November 2007 eröffnet. Ganz ohne Eröffnungsfeier, lediglich vorab einige Tage „pre opening“, haben wir an diesem Wochenende die Tür unserer kleinen Bar aufgeschlossen. Nun ist bereits mehr als ein Monat vergangen und diese „Eröffnungszeit“ ist gänzlich am barbaublog vorbei gegangen. An anderer Stelle hatte ich, sozusagen als Guter Vorsatz für das neue Jahr, versprochen, dem barbaublog im neuen Jahr wieder die Zeiten zu schenken, die er verdient hat.Jeder der schon einmal eine Eröffnung mitgemacht hat, weiss, das diese unerschütterlichen Regel folgt. Eine dieser Regeln lautet: egal wie früh Sie mit der Planung des gesamten Projekts, also auch mit der Eröffnung selbst , beginnen – Sie werden immer auf den letzten Drücker „fast“ fertig.Bei der Eröffnung des ATLAS Restaurants in Bahrenfeld vor 10 Jahren kamen bereits die Eröffnungsgäste und die Handwerker erledigten die letzten Arbeiten auf den Toiletten im ersten Stock – Sie mussten das Haus durch den Hintereingang verlassen.Handwerker waren am ersten Tag des „Löwen“ nicht mehr zu gegen, wobei noch immer einige letzte Arbeiten, verborgen vor den Augen der Gäste, auf das Finish warten.Die Zeit vor der Eröffnung ist also immer knapp und ich könnte nun versuchen, mich mit dieser recht „einfachen“ Argumentation davon zu stehlen – schließlich habe ich den barbaublog lange sträflich vernachlässigt und gerade zu der von einigen Lesern schon erwarteten Eröffnungsphase geschwiegen.Ganz so einfach will ich es mir nicht machen. Drei „Gründe“ gab es neben der zugeben vorhandenen Zeitnot, die mich von der Berichterstattung hier im barbaublog abhielten.Der Erste betrifft die Eröffnung selbst. In der kommenden Print Ausgabe von Mixology schreibe ich über die Eröffnung und will nun hier nicht komplett „vorgreifen“ – kurz nur soviel: Aus vielen Gründen waren wir der Meinung das es weder sinnvoll ist eine Eröffnungsfeier zu veranstalten, noch das übliche „Eröffnungs Tam Tam“ (Pressemitteilung, Journalisten einladen etc) zu absolvieren.Wir wollten die Tür aufschließen, schauen wer kommt, und unseren Gästen die Möglichkeit geben, unsere Bar zu „entdecken“. Wenn ein Gast eine neue Lokalität „entdeckt“, und nicht erst über Sie liest, passiert in meinen Augen folgendes:Wenn diesen Entdecker das Konzept begeistert, wird er seine Entdeckung nicht ganz ohne etwas Eitelkeit („Seht her, was ich wieder „entdeckt“ habe!“) weitertragen. Er wird seine Bekannten, fast etwas Stolz, von dieser neuen, unbekannten Bar berichten und diese werden sich vielleicht ärgern das ER wieder etwas „neues“ vor Ihnen entdeckt hat.Da Sie nun aber keine weiteren Informationen zu dieser neuen Bar in der Tagespresse finden, sind Sie in der Regel fast gezwungen, dem Objekt der Begierde nun einen Besuch ab zu statten. Schließlich haben Sie dann die Möglichkeit, Ihren Bekannten gegenüber fast beiläufig von dieser „neuen“ Bar zu berichten (was diese Bekannten dann hoffentlich wiederum ähnlich neugierig und etwas neidisch werden lässt).Gastronomie in Großstädten, gerade das Nachtleben, lebt vom Spiel mit den Eitelkeiten und Begehrlichkeiten. Wenn Sie dieses Spiel beherrschen, wird Ihr Objekt von Erfolg gekrönt sein.Allerdings ist es ein Spiel mit dem Feuer – Viele erfolgreiche „Szene“ Objekt vernachlässigen ewig gültige Grundregeln der Gastronomie:Ihr Angebot und Dienstleistung sollte von bester Qualität sein – Gäste erkennen, im Gegensatz zur Meinung vieler „erfahrener“ Gastronomen, Qualität und können diese beurteilen. Wenn Ihre Qualität stimmt, können sie fast jeden Preis aufrufen. Kurzlebige „Szene“ Gastronomie ist meist sehr kurz sehr „begehrlich“ („DA MUST Du hingehen!“) und bietet dann ob des Erfolges mittelmässige Qualität und noch schlechteren Service (oft gepaart mit unglaublicher Arroganz) zu überhöhten Preisen. Die „angesagtesten“ Neueröffnungen der Stadt, so zumindest in Hamburg, sind auch nicht immer zwingend die langlebigsten Projekte.“Du sollst nicht gierig werden!” - möchte man vielen Neueröffnungen zurufen. Ein wirklich gutes Konzept wird eröffnet, die „neuen“ Gäste sind vom Konzept begeistert, die Mund zu Mund Reklame tut Ihr übriges und das neue Lokal entwickelt sich zum Hot Spot der Stadt. In der Regel passiert dann folgendes: Das Lokal wird viel zu voll gemacht. Es werden zu viele Gäste, ob des Erfolges, bewirtet. Vor der Tür stauen sich die Gäste und es folgt was folgen muss: Das eigentliche (gute!) Konzept ist schon seit langem nicht mehr zu erkennen – der Laden ist einfach voll, weil er voll ist. Die Qualität hat schon lange nachgelassen (was der Fülle zu diesem Zeitpunkt keinen Abbruch tut) und der Eigentümer trifft „die“ Entscheidung schlecht hin: Preise erhöhen.Wenn Ihr Lokal „angesagt“ ist, können sie brühwarmen, abgeschaalten Prosecco mit eklig süßem Pfirsich Likör für 12 Euro als Bellini verkaufen. Die „Menge“ wird es Ihnen wahrscheinlich aus der Hand reissen, bis zwei Monate später der nächste Laden eröffnet.Sie müssen die Preise, die Sie nehmen möchten, von Anfang an nehmen. Wenn das Konzept hochpreisig ist, seien Sie das von Anfang an.Eine Preiserhöhung nach dem Erfolg (JETZT nehme ich die Preise, die wir haben müssen) ist zwar verständlich, aber in meinen Augen hochgradig feige.Wenn Ihr Lokal bei guter Auslastung und nicht völliger Überfüllung nicht wirtschaftlich arbeitet, haben Sie einen Planungsfehler gemacht. Übertreiben Sie es nicht, den irgendwann ist die „erste Zeit“ vorbei und Sie brauchen Gäste, die Ihr Konzept (und meinetwegen auch Sie) lieben. Die auf Ihre Idee schwören, von Ihr begeistert sind, egal ob eine Herde dummer (Entschuldigung) Lemminge diese für „angesagt“ betrachtet, ohne Ihr Konzept jemals auch nur ernsthaft betrachtet oder verstanden zu haben.Um langsam aber sicher wieder dahin zurück zu kommen, wo wir eigentlich stehen geblieben sind: Mund zu Mund Reklame scheint mir das einzig sinnvolle für Le Lion – Bar de Paris zu sein.Der barbaublog schwieg zu dieser Eröffnungs-Zeit, wenn auch etwas zu lange, und ich hoffe man mag es mir nachsehen.  2007 entdeckte ein Großteil deutscher Bartender WEB 2.0. Helmut Adam vom Mixology Magazin gilt sicherlich als Wegbereiter dieser Bar 2.0 und Mixology als Magazin ist in meinen Augen das einzige deutsche (und sicherlich auch Europäische) Netzwerk von Bar Interessierten was sich mit Hilfe dieser Web 2.0 Applikationen sehr schnell formierte. Dieses Netzwerk trifft sich nicht nur virtuell, sondern findet in „lockerer“ Form, mehrmals im Jahr, zu letzt zum BCB, zusammen.Der Mensch im allgemeinen, unverständlich aber wahr, hat leider immer noch wenig Zugang zum Geschehen hinter der Bar und so hat uns das „bloggen“ und andere Web 2.0 Lösungen vielen „Gleichgesinnten“ nahe gebracht.Man greift plötzlich auf die Erfahrung vieler zurück und so wurden einige der hier im barbaublog gegeben Kommentar eins zu eins im Löwen umgesetzt. Die Rumauswahl z.B. wurde massgeblich von den Empfehlungen der Leser beeinflusst.Wann immer Sie sich für ein Thema leidenschaftlich interessieren, brauchen Sie den Austausch mit Gleichgesinnten, und sei es über 1000ende von Kilometern hinweg.Unter der barbaublog haben mir hierzu die Möglichkeit gegeben. Je näher die Eröffnung rückte, desto mehr war und bin ich von einem „neuen“ Zustand begeistert:Bartender leben in der Regel, einige Ausnahmen gibt es natürlich, in einer Art Isolation. Gefangen in den verschiedensten „Bar Konzepten“ sind Sie doch oft völlig allein und sehen sich weder in der Lage gleichgültigen Service Aushilfen oder einem Ignorantem Inhaber Ihre Leidenschaft und die Fülle Ihrer Profession nahe zu bringen.Wenn man nun allerdings drei weitere „Besessene“ um sich hat: Goncalo, Mario und Marcel, und täglich einen noch nie da gewesenen Austausch zur Leidenschaft pflegt, ist das ein außergewöhnlicher Glückszustand. Kombiniert man die Tatsache mir der Begebenheit, das Le Lion, sicherlich durch barbaublog und Mixology, bei Bartender eine große Beachtung gefunden hat, und sich nun viele Kollegen täglich auf ein „Kennenlernen“ am Tresenbrett einfinden, geraten klassische Web 2.0 Tools extrem ins Hintertreffen.Plötzlich lebt man jeden Tag Bar 1.0 – real life! Jeden Tag findet Austausch zwischen den unterschiedlichsten Bar Interessierten in Echtzeit am Tresen satt. Oft erst ab 01.00 Uhr, wenn die ersten Kollegen den Feierabend einläuten.Ich weiss nicht wie viele Nächte im Dezember bis 06.00 Uhr oder länger dauerten. Es ist, das darf ich gestehen, ein „leichter“ aber angenehmer Rausch, in so kurzer Zeit so viel Austausch zu Barinteressierten zu finden – Web 2.0 kam in dieser Zeit auf Grund von Bar 1.0 zu kurz aber letzten Endes sollten wir alle nur Web 2.0 nutzen um uns an der Bar 1.0 zu treffen und bei einem guten Drink mit einem gutem Gespräch zu kombinieren.Mir graut vor dem Bartender, der dem Gast seinen Drinks serviert und kurz danach im Office verschwindet um seine Facebook Kontakte zu pflegen. Web 2.0 darf lediglich Mittel zum Zweck sein. Weit verstreute Liebhaber der Bar zu vernetzen. In dem Moment, wo man sich eher der Pflege seiner internationalen Facebook Kontakte als der Pflege des einsamen Gastes in seiner Bar hingibt, hat man aufgehört, Bartender zu sein.Der schönste Grund, für die Vernachlässigung des barbaublogs folgt ebend diesem Anlass. Er ist der Grund warum ich die Gastronomie und im Speziellen die Bar so leidenschaftlich liebe -> Es sind die Gäste! Noch während der Bauphase fand ich immer wieder eine halbe Stunde oder Stunde am Tag Zeit, um hier zu posten. Teilweise war es trotz einer vollen „to do“ Liste eine willkommene Abwechslung, auch bei Zeitnot, zu posten. Es hat den Kopf frei gemacht und man mag es verstehen oder nicht, teilweise eher eine Art Entspannung zwischendurch.Jetzt hat der Löwe geöffnet und ein großer Faktor hat meinen Zeitplan schwer ins schwanken gebracht. Früher habe ich es „Vorne sein“ genannt (Im ATLAS war mein Büro „hinter“ der Bar) im Löwen ist es eher „Oben sein“ (Mein Büro ist im Keller). Der Schreibtisch liegt voller unerledigter Dinge und dennoch ist die Entscheidung oft, „oben zu sein“.Nach gut 5 Wochen habe wir eine für mich bereits sehr zufrieden stellende Auslastung erreicht. Sicherlich sind wir noch nicht da, wo wir hinmöchten aber Donnerstags, Freitags und Samstag sind wir zumindest so gut besucht, das wir oft keine Gäste mehr einlassen können (Sie erinnern sich – nicht zu voll machen!) Sonntage und Montage tuen sich noch schwer und Dienstag und Mittwoch Abende schwanken unberechenbar.Um unserem selbsternannten „Anspruch“ gerecht zu werden, sind auch an sehr ruhigen Tagen mindestens zwei Bartender im Dienst. Selbst wenn ich an diesen Abenden „zusätzlich“ in der Bar bin, und eigentlich Zeit hätte, viele „to dos“ im Büro von der Liste zu streichen, ertappe ich mich oft dabei, oben in der Bar zu stehen, mit Gästen zu sprechen oder einfach nur die Atmosphäre zu atmen.Betriebswirtschaftlich und Organisatorisch wäre ein Abarbeiten der to dos sicherlich von Vorteil, dennoch entscheide ich mich oft, manchmal sogar eher unbewusst, für ein „in der Bar sein“.Man könnte nun leicht, und wahrscheinlich zu recht, auf die Idee kommen, in mir sei der Kontrollfreak bzw. der eitle Bartender (“…NUR ICH mach hier die Drinks”) herangewachsen. Dem ist denke ich nicht so. Seit Eröffnung von Le Lion habe ich bewusst nur wenige Abende selber gemixt. Mario, Marcel und Goncalo sind in meinen Augen Garanten für gute Drinks und diese wechseln täglich bei der Besetzung der Mixstation. Der „selbstverliebte“ Bartender mag die Idealbesetzung für das „Ein Mann Bar Szenario“ sein, ist im Le Lion aber absolut Fehl am Platz.Vielmehr liebe ich meinen Beruf wegen unserer Gäste. Jeder Abend ist unterschiedlich, jeder Abend bringt andere Gesichter und Geschichten. Und wenn ich die Zeit habe, mir diese Anzuhören, mache ich nichts lieber als das.Bei meinen früheren Barpositionen war ich oft der einzige Bartender pro Schicht und so blieb nur bedingt Zeit für ein Gespräch mit Gästen. Nichts ist mir ein größerer Dorn im Auge, als der selbstgefällige Bartender, der sich im gut besetzten Lokal die Zeit für ein Gespräch mit dem Gast „nimmt“ und den Rest der Bar untergehen lässt.Nun habe ich zum ersten mal die Zeit, an den Abend wo es eigentlich nicht notwendig wäre, an der Bar zu sein und Zeit für Gäste zu haben.Ich habe es schon früher nicht verstanden. Ein Teil meiner früheren Kollegen und auch einige der jetzigen „Mitstreiter“ mögen ofensichtlich keine Gäste. Frei nach der Devise: “Das einzige was stört ist der Gast!”. Wir alle wissen, das viele Gäste „schwierig“ oder eigensinnig sein können -> großartig! Sie sind das Salz in Suppe.Der frühe Abend, hat schon damals oft, einzelne Gäste an die Bar gebracht, die auf einen ruhigen Drink an die Bar kommen. Sicherlich sollte man als Bartender erkennen, wann ein Gast in Ruhe gelassen werden will, aber fast alle frühen Gäste, die ich kannte und an der Bar Platz genommen hatten, sucht direkt oder indirekt das Gespräch mit dem Bartender.Schon früher gab es Kollegen die es großartig beherrschten, die schlechtesten Gastgeber der Welt zu sein. Sie bereiteten den Gast zweifelsohne einen perfekten Drink zu, im schlimmsten Fall gepaart mit einer ungefragten Wiedergabe der dazu gehörigen Geschichte und liessen diesen Gast dann an der Bar sitzen. Sie flüchteten ins Office und versteckten sich hinter anderen Aufgaben, ohne Ihrer eigentlichen Aufgabe nachzukommen: Gastgeber zu sein, die Atmosphäre, die Stimmungen richtig einzuschätzen und sich mit diesem Gast zu unterhalten.Dabei rede ich nicht vom selbsternannten „Eloquenten“ Bartender, der den Gast ob seines Wissens “zu Tode” redet. Ich rede von einem höflichen Gespräch, über „Gott und die Welt“ (wobei, nicht vergessen: Keine Politik und Religions Themen an der Bar…). Die Geste als solches (“Ich interessiere mich für Sie und möchte mich mit Ihnen unterhalten”) ist oft wichtiger als der Inhalt des Gespräches.Archim F. Eberhardt, ehemals Old Fashioned Bar Hamburg, war seiner Zeit ein Meister dieses zurückhaltenden, höflichen Gesprächs. Er hat mir immer das Gefühl eines „von Herzen Willkommen“ vermittelt. Das darf und sollte nicht mit jovialem Geschwätz verwechselt werden. Nach gut fünf Jahren waren wir immer noch bei “Sie” – gut so! Warum auch nicht?Ob nun ruhiger oder gut besuchter Abend – die „Wechselwirkung“ mit den Gästen finde ich das fazinierenste am meinem Beruf. Jeder Abend ist anders, jeder Abend bringt andere Gäste, jeder Abend entwickelt sich ungeahnt. Manchmal geht um 02.00 Uhr noch einige mal die Tür auf und plötzlich, innerhalb von Minuten, ändern sich Stimmung und Atmosphäre an der Bar.Ich liebe dieses unkontrollierbare Moment am Bar Geschäft – ein Grund warum ich Bankett und Geschlossene Veranstaltung extrem langweilig finde und mit einem völlig überteuerten Mindestumsatzes für Le Lion aller Wahrscheinlichkeit davon ausgehe, das die betriebswirtschaftlich mehr als interessanten Geschlossenen Gesellschaften hoffentlich an uns vorbei ziehen.Web 2.0 ist ein charmantes Tool, um uns Bartender über Stadtgrenzen hinaus zu vernetzen und Informationen auszutauschen – daher, kleines Bartender Ehrenwort, geht es weiter mit dem barbaublog. Dennoch – Bar 1.0 ist das wichtigste in unserem Beruf. Was nützt der Facebook Kontakt in New York und das Renome was Sie in dieser sehr kleinen „Gemeinde 2.0“ genießen, wenn der Gast frustriert die Bar verlässt?Wenn Sie also das nächste mal um kurz nach 3.00 Uhr nur noch zwei Gäste haben, lassen Sie das Licht gedimmt, und drehen es nicht hoch. Legen Sie gute Musik auf und bereiten Sie sich und Ihren Gästen eine einzigartige Nacht – auch wenn Sie bis zum nächsten morgen dauert. Vergessen Sie nicht, Sie sind der Gralsritter der Nachtaktiven. Die letzte Hoffnung auf einen guten Drink und gute Atmosphäre. Sie sind ein Teil Lebensqualität Ihrer Stadt – Sie können das Leben lebenswerter machen – wenn auch nur für einige Stunden in der Nacht.Darauf würde ich mit Ihnen trinken – ich hab nur keine Zeit, ich muss „nach oben“!