Dienstag, 15. Januar 2008

Erklärungsversuche für miserable Vorab Berechnungen – weitere sollen folgen…

Das Preisgefüge „zu treffen“, ist denke ich eine der schwersten Entscheidungen, die Sie bei der Planung Ihres Objektes zu machen haben. An anderer Stelle hatte ich bereits erwähnt das ein massives Nach-kalkulieren, sprich merkbare Preiserhöhungen oder Senkungen, kurz nach der Eröffnung, in meinen Augen ein großer Fehler sind – es zeigt eines: Sie haben sie bei der Einschätzung des nötigen Preisgefüges in Ihrer Bar gehörig verschätzt.
In einer klassischen Bar verkaufen Sie alles, außer Wahre. Sie verkaufen Atmosphäre, Stimmung, eine besondere Zeit. Ernsthafte Wirkungstrinker, die hier aufs Preisgefüge bei Trink-Preis-Leistungsverhältnis schauen zu bewirten darf nicht Ihr Ansporn werden. Das Ihre Gäste über den Abend auch die Wirkung des Alkohols spüren ist ein angenehmer Nebeneffekt eines Bar Besuchs, sollte allerdings nie das eigentliche Ziel sein.
Das klassische a la carte Geschäft im Gastgewerbe ist losgelöst von all zu traditionellen Regeln eines kaufmännischen Betriebes. Ihre Dienstleistung ist im Grunde genommen hochgradig überflüssig. Es gibt Menschen, die sind in der Lage ein Leben zu verbringen, ohne jemals eine anständige Bar besucht zu haben. Für Sie und mich sicherlich unverständlich, behaupten solche (Un-)Menschen ein Barbesuch würde in keinster Weise zu den notwendigen Konsumgütern eines Durchschnittseuropäers gehören (aber wer möchte schon Durchschnitt sein). 
Somit verlässt der Besuch einer anständigen Bar also den Bereich des Notwendigen und siedelt sich im „Luxus“ Segment an. In dieser Ecke fühlen wir uns als Bartender in der Regel recht wohl und freuen uns, das wir den Rahmen des „Normalen, Vernünftigen und Gewohnten“ verlassen dürfen. Damit ist grundsätzlich alles Möglich – ein Cappuccino für gut 10,00 Euro  in einem Mailänder Café oder ein Vorspeisen-Carpaccio aus dem Hause des Erfinders „Harry“ in Venedig für gut 40,00 Euro.
Ich möchte sie nun keineswegs zu Wucher aufrufen, Ihnen nur den Rahmen vorgeben, wo es hingehen kann mit Ihrem Betrieb. 
Zurück auf dem Boden der Tatsachen, fangen Sie an Ihre Stadt zu erkunden. Je nach zukünftiger Lage  und Ihrer Ausstattung bewegen sich Ihre zukünftigen Gäste in einem gewissen Kiez, der ganzen Stadt oder sind gar international. Sie beginnen Ihr Konzept „einzuordnen“, beginnen zu vergleichen für welche Lage und Leistung Ihre zukünftigen Gäste bereit sind welchen Preis zu bezahlen. Eines können Sie natürlich nicht Messen oder direkt bestimmen: Atmosphäre, Stimmung etc. Vielleicht haben Sie auch einfach langjährige Erfahrung in Ihrer Stadt und Ihrer Branche -> verlassen Sie sich drauf und vergessen Sie irgendwelche Eckdaten irgendwelcher Berufsverbände etc.
Sie haben ein Konzept im Kopf und wissen irgendwann wo Sie dieses „Preislich“ einordnen dürfen. Nun haben Sie eine Location gefunden (deren Lage zu Ihren Konzept passt) und sammeln nun nach und nach Zahlen:

Welche Miete wird anfallen?
Wie hoch wird die Umbausumme sein?
Müssen Sie finanzieren – wie hoch sind die Kosten?
Wie schätzen Sie die Auslastung ein, wie viel Personal ist für diese Auslastung notwendig? Wie ist Ihr Plan bei mehr oder weniger Auslastung?
Wie ist Ihr Preisgefüge?
Wie schätzen Sie Durchschnittsverzehr, Verweildauer etc ein.
Welche anderen Kosten (Versicherungen, Telefon, Verwaltung etc) fallen an?
Je mehr planbare Kostenpunkte anfallen, um so besser. Was Sie nicht benennen können müssen Sie nach besten Wissen schätzen. Machen Sie Milchmädchenrechnungen! Sie sind schnell und geben Ihnen ein erstes Gefühl. Schreiben Sie alle Kosten für einen Monat auf. Wenn Ihr „Kerngeschäft“ z.B. Cocktails und Longdrinks sind, nehmen Sie deren Kalkulation und Wareneinsätze als Grundlage. Rechnen Sie z.B. mit 23 % Wareneinsatz, heißt das, Ihnen bleiben in der Regel bei 1000 Euro netto Umsatz ein Rohgewinn von 770,00 Euro. Nun schätzen Sie auf Grund Ihrer Erfahrungswerte wie viele Gäste Sie am Abend bewirten werden und wie lange diese bei Ihnen Verweilen. Sagen wir mal Sie rechnen mit einem Durchschnittsbon von 20,00 Euro pro Gast. Sie haben z.B. Platz für 50 Gäste und rechnen Freitags und Samstag damit diese zweimal zu besetzen. Donnerstag nehmen Sie Anfangs eine knappe einfache Besetzung an, Sonntag und Montag werden eher sehr ruhig mit 20 Gästen und Dienstag und Mittwochs rechnen Sie mit je 30 Gästen.
Macht zweihundertfünfzig Gäste a 20 Euro in der Woche und somit einen Brutto Umsatz von 5000,00 Euro. Ziehen Sie Mehrwertsteuer und Wareneinsatz ab und Sie kommen auf einen Rohertrag pro Woche bzw. pro Monat.
Die Zahlen Sie zugegebener Massen frei ersonnen und nicht wirklich Praxis tauglich. Das schöne ist nur, das all Ihre vorab Berechnungen, all die Mühe die Sie sich gemacht haben, am Ende des Projektes doch nicht stimmen. Sie benötigen Sie aber um wichtige Eckdaten zu ermitteln (was ist z.B. der absolute „Mindestumsatz“ für einen wirtschaftlichen Betrieb).
Anhand dieser Eckdaten sollten Sie erkennen können, ob Ihr Objekt ansatzweise wirtschaftlich ist. Die Zahlen, die später, real, folgen, werde andere sein als Sie denken und Sie sollten sich „Türen“ nach oben offen lassen. Wenn Sie damit rechnen das Sie Longdrinks und Cocktails verkaufen, Ihre Atmosphäre aber eventuelle auch Champagnerlaune verbreitet, sollten Sie Champagner im Angebot haben. Wer weiss was passiert? Vergessen Sie nicht – Sie verkaufen alles außer Ware – Sie verkaufen exklusiven Genuss!
Wenn Sie echte Qualität anbieten, sollten Sie sich nicht von den Unkenrufen der Geiz ist Geil Proleten aus der Ruhe bringen lassen. Ein sehr gelungene Bar mit sehr gutem Personal zu betreiben und dies noch zu moderaten Preisen wird Ihnen sicherlich eine gute Auslastung bringen, ist allerdings keine echte Herausforderung. Einen sehr guten Preis (aus Betreiber Sicht) für sehr gute Leistung durchsetzen, ist hingegen die eigentliche Kunst und wird sich, wenn es auch zu Beginn länger dauert, auf lange Sicht als sehr sinnvoll erweisen. Eins muss nur klar sein: Wenn Sie sich preislich „nach oben“ absetzen, müssen Sie höchste Qualität und beste Dienstleistung liefern. 
Das interessante am Bar Geschäft ist das Unplanbare. An einem Montag Abend geht die Tür auf und Sie verkaufen 3 Flaschen Magnum Champagner an 6 Gäste und haben die ersten 700 Euro umgesetzt. Ein Samstag Abend, alle Plätze sind besetzt, ist vom pro Kopf Umsatz und somit im Gesamten eher „überschaubar“ – sprich im Verhältnis schlechter Umsatz – kurz: es wird zurückhaltend konsumiert. Soviel zum betriebswirtschaftlichen. Nun kann es sein das die 6 Gäste am Montag neureiche Wichtigtuer waren und die Gäste am Samstag Abend für einen bezaubernden Abend sorgten und Ihr Konzept für sich entdeckt haben – ertragen Sie den Montag und freuen Sie sich über den Samstag!
Wichtig bei allen Berechnungen: bei welchem Mindestumsatz trägt sich das Objekt – mit welchen Mitteln ist dieser zu schaffen? Darüber hinaus kann ich schon nach 6 Wochen sagen das alle Modell Rechnungen die wir im Vorfeld angestellt hatten, sich als nicht richtig erwiesen haben.
Der Dezember war für unseren ersten Monat gut und der Januar entwickelt sich nach ersten sehr ruhigen Tagen sehr gut. Noch ist es zu früh, Zahlen bekannt zu geben, aber ich werde das bei Gelegenheit nachholen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.