Donnerstag, 10. Januar 2008

Der Preis, das Wasser, kalkulatorische Gedanken und ein Cuvert

Im Drinksblog berichtet Helmut heute über den Artikel “Branding für Leitungswasser”vom Werbeblogger. Roland Kühl-v. Puttkamer schreibt hier über die Kampagne “Tappening”. Der Werbeblogger verrät Seine Meinung zur Wasserfrage in der Gastronomie:
“…Mich persönlich hat es auch schon immer gestört, wenn Restaurants mich “zwingen” wollten, zu meiner Flasche Rotwein auch noch 5-7€ für eine Flasche Wasser auszugeben. Ich bestelle grundsätzlich Leitungswasser (mit vielen anderen teuren Leckereien), und wer diesem Wunsch als Restaurant nicht folgen will oder kann, sieht mich als Kunde nicht wieder. ”

In einem früheren barbaublog Artikel hatte ich mich zum “Thema WASSER” geäußert, denn schon die Gründerväter unserer Profession wussten, das es sich gehört dem Gast mit einem Glas kostenlosem Eiswasser zu begrüßen. Das Trinken in der Bar dient in erster Linie nicht dem Durst, sondern dem Genuss!So wie der Werbeblogger nehmen, denke ich, viele Gäste die Preisgestaltung in der Gastronomie wahr – Warum zum Wein auch noch “teures” Wasser bezahlen?Das sich das Konsumverhalten der Gäste in den letzten Jahren sehr verändert hat ist sicherlich nicht Problem des Gastes, führt aber zu solchen kalkulatorischen Ungereimtheiten und sollte bei der Preisgestaltung bedacht werden.
Das vermeintliche “ausloten” des Preisgefüges, ist sicherlich die schwierigste Aufgabe bei der Planung des zukünftigen Geschäfts. Ein hektisches nach kalkulieren nach dem Motto: Zu wenig los = billiger werden ; völlig überlaufen = Preise erhöhen ist in meinen Augen ein sehr großer Fehler. „Happy Hour“ und andere “Aktionen” erscheinen mir, auch wenn z.B. Berliner Kollegen mir gegenüber diese als evident bezeichnen, für eine Bar nicht angebracht.
Im Le Lion haben wir eine Tafelwasseranlage installiert und alle Gäste bekommen soviel Tafelwasser wie Sie möchten, selbstverständlich kostenlos. Unsere Getränke hingegen sind, ich nenne es einmal “Innenstadt gerecht kalkuliert” -> Longdrinks kosten 12.00 Euro – Cocktails zwischen 11.00 und 13.00 Euro, Champagnercocktails ca. 15.00 Euro um nur einige Richtpreise zu nennen. Vielen Gäste empfinden den kostenlosen Wasserservice als sehr angenehm. Folgende positive Nebeneffekte konnten wir beobachten:
* Die Gäste haben das Gefühl etwas “Geschenkt” zu bekommen
* Man trinkt automatisch mehr Wasser – gut gegen “Nachwirkungen…”
* Wir haben öfter die Möglichkeit, ohne zu stören an den Tisch zu gehen und somit erstens unaufdringlichen Zusatzverkauf (“Darf es noch ein Cocktails sein?”) zu generieren und zweitens bei den Gästen als sehr aufmerksamer Service wahrgenommen zu werden.
* Das Trinkgeld im Löwen liegt oft über 10% und ich denke dieses “Mittel” ist ein Tool um Zufriedenheit und damit Trinkgeld zu erzeugen
Andererseits nutzen wir unsere Kalkulation um unser Geschäft zu Steuern. Le Lion ist mit knapp 30 Plätzen nicht wirklich groß und so ist es für von Bedeutung “trinkende” Gäste zu bewirten. Le Lion ist eine reine Bar – weder Kaffee, Bistro, Lounge, Restaurant oder sonst etwas und bietet somit unserer Definition nach in erster Linie alkoholische Getränke an. Sicherlich spricht nichts gegen den Verkauf von alkoholfreien Getränken. Alkoholfreie Cocktails liegen z.B. in der Regel bei ca. 8,00 Euro. Alkoholfreie “Klassiker” wie z.b. Apfelsaft/Schorle oder auch Cranberrysaft haben wir bewusst nicht ins Programm genommen. Bionade, Carpe Diem und anderer Auswüchse um sich greifender Wellness Kultur mussten ebenfalls draußen bleiben. Neben Wasser, sehr wenigen frischen Säften (z.B. Orangensaft), wenigen Fillern (z.B. Coca Cola oder Fentimans Tonic Water & Ginger Beer) gibt es außer alkoholfreien Cocktails kein weiteres alkoholfreies Angebot. Wir servieren keinen Café Latte oder Milchkaffee – ein Cappuccino (4,50 Euro) und ein Espresso (3,00) hingegen werden selbstverständlich bis zum Morgen serviert. Ein “Die Espressomaschine ist bereits gereinigt” gibt es nicht im Löwen (Was nicht heißen soll, das Sie nicht gereinigt wird…). Diese beiden Kaffeespezialitäten sind bewusst nicht “günstig” – falls Gäste allerdings nach Ihrer Flasche Champagner noch einen Espresso benötigen um dann bei den Cocktails einzusteigen, kann es durchaus passieren, das dieser “lebensrettende” Espresso niemals auf der Rechnung auftaucht. Letzten Endes ist es unschön, wenn wie vom Werbeblogger beschrieben, der Eindruck entsteht, man möchte die Gäste zu weiterem Verzehr zwingen. Eigentlich müsste im Speiselokal nicht das Wasser mit fast 1000% Kalkuliert werden, sondern das Essen deutlich teurer sein. Die klassische “Mischkalkulation” läuft immer Gefahr, die Gäste, die gerne und viel Verzehren möchten, mit dem vorhandenen Preisgefüge zu bestrafen. In kleinen, inhabergeführten Lokalen kann der Patron am richtigen Tisch reagieren, wenn beispielsweise die fünfte Flasche Champagner aufs Haus geht oder im kleineren Rahmen ein Espresso nicht “gebont” wird. Im Ausland ist es in einigen Ländern Sitte, ein Cuvert zu berechnen. Wie wäre es mit einem Cuvertpreis für eine Bar? Sie berechnen 25,00 Euro sozusagen für “das Platz nehmen” und die Getränke sind mehr als freundlich kalkuliert. Ich als in der Regel “gut” konsumierender Gast hätte das erste mal das Gefühl, “wenig” konsumierende Gäste nicht zu subventionieren. Gerade in kleinen Lokalen ist es überlebenswichtig, das Sie die Besetzung Ihrer Plätze steuern. Wenn Ihr Lokal mit Schorle und Cappuccino trinkenden Gäste gefüllt ist, die sich unglücklicher weise auch noch sehr viel zu erzählen haben (und darüber hinaus das Nachbestellen vergessen) wird Ihnen am morgen der Z-Abschlag an der Kasse wenig Freude bereiten. Wechseln in Ihrer meinetwegen nur halb vollen Bar mehre Flaschen Jahrgangschampagner den Besitzer und der Tresen wird von trinkfesten Cocktailliebhabern “umlagert” wird Ihr Kassenabschlag Ihnen wahrscheinlich einen sehr entspannten Feierabend bereiten. Neureiche Wichtigtuer sind dabei sicherlich nicht das gewünschte Klientel. Der Grad ist schmal aber am Ende des Monats muss ein Plus unter der betriebswirtschaftlichen Auswertung stehen. Etwas zu “Verschenken”, wie in unserem Fall kostenloses Tafelwasser wird grundsätzlich positive aufgenommen und ich denke als Gastronom könnte es einer Ihrer USP’s werden. Sicherlich müssen Sie Konzept und Preisgestaltung an diese Situation anpassen, aber es wird Sie zur Zeit noch deutlich von Ihren Mitbewerbern unterscheiden. Na dann ein “Cheers” aufs Wasser – wobei: mit Wasser sollte man nicht anstoßen…

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