Donnerstag, 30. August 2007

Kniggeregeln für Batman und Robin

Gestern, früher Abend, keine Lust mehr aufs Büro – Zeit für einen Feierabend Drink. Große Hotelbar, eher ruhig. Der Pianist sorgt für angenehme Unterhaltung, der Barchef wie immer Bartender aus Leidenschaft mit Liebe zur Profession. Zum Erfrischen und Durst löschen Cynar mit Tonic, dann Bourbon, als Manhattan und Sour – wie immer erstklassig. Zwei Herren betreten die ruhige Bar und nehmen zielstrebig an Tresen platz. Sofort suchen Sie den Kontakt zum Barchef. Er, Profi wie immer, begrüßt freundlich mit Namen, die Herren sind bekannt. Recht schnell ist unfreiwillig mitzuhören, das die Herren von der Industrie sind. Abgesandte eines sehr großen Spirituosenkonzerns, Namen tun nichts zur Sache, nennen wir Sie Batmann und Robin. Sie eröffnen ein Gespräch und gehen gleich Volley das Sortiment der Bar durch. Habt Ihr gar nicht xxx? Können wir da nicht was machen ? Wieso macht Ihr den mit denen was?
Der Bartender, stets Profi, bleibt freundlich und gelassen. Als man Ihn endlich zu Wort kommen läßt – nüchterne Frage: “Haben die Herren einen Wunsch?”. Gestammel auf der Gegenseite. “Naja .. ein Wasser vielleicht” – sagt Batman. Robin bestellt “ich nehm ne Sprite…”. Man versucht eine Mischung aus Scherz und “muss ja noch Fahren” um diese Bestellung zu rechtfertigen.

Danach erneute Attacke auf den Bartender. Ja nicht aufhören zu reden – So verbietet es die Höflichkeit unserem Bar Profi, die Herren mit Ihrer Sprite und Ihrem Wasser allein zu lassen.
Nach knapp 15 Minuten ist das Schauspiel schlechten Benehmens vorbei. Batman und Robin zupfen an Ihren schwarzen Jackets und Fragen nach der Rechnung. “Gehts aufs Haus” – innerlich verneige ich mich vor dem Bartender – BRAVO – hätte ich auch so gemacht. Das Duo nimmt die Einladung selbstverständlich sofort an. Die Manschettenknöpe und die Breitling werden noch kurz einmal zurechtgerückt – sitzt auch alles? – Batman und Robin ziehen weiter – in die nächste Bar – Bartendern Zeit stehlen und sie mit belanglosem Gerede von Ihrer Arbeit abzuhalten: Alkohol an zahlende Kundschaft zu verkaufen und gute Gastgeber zu sein.

Knigge Regeln für Batman und Robin:

- Wenn Sie Business machen wollen, machen Sie einen Termin, laden den Bartender zum Business Lunch ein, besprechen was zu besprechen ist, zahlen die Rechnung und gut ist.
- Wenn Sie zu Öffnungszeiten eine Bar betreten, dann bitte mit der Absicht kein Business mit der Bar zu machen. Bekanntschaften pflegen oder machen – ja gerne. Sie können kommen, meinetwegen auch ein Wasser trinken, und sich unterhalten.
- Hands aufs Herz – Wenn Sie Alkohol verkaufen wollen, sollten Sie meiner Meinung nach allein schon der Authenzität wegen Abends in einer Bar auch Alkohol bestellen. Wenn Sie Alkopops im Supermarkt an Jugendliche verkaufen wollen, können Sie gern anders vorgehen – da haben Sie doch viel Erfahrung, oder?
Eine Bar, der Gralsort kultivierten Trinkens, sollte von Ihnen auch so behandelt werden. Warum wollen Sie sonst Ihre Produkte hier stehen sehen? Beweisen Sie Trinkkultur. Jeder wird verstehen, das Sie nicht den ganzen Abend über harten Alkohl trinken können – wie wäre es mit einem Wermut, einem Sherry, einem Port? Haben Sie nicht im Portfolio? Noch besser, können Sie ganz beruhigt mal was anständiges trinken. Trinken Sie einen Port, wenn Sie drei Bars am Abend besuchen wollen, nehmen Sie ein Taxi. Hamburg zumindest ist was Bar Hopping angeht, eher überschaubar. Die Taxi Kosten zahlt die Company nicht? Wie bitte? Mußte ich nicht gerade unfreiwillig mit anhören, wie großartig Ihre Firma und die Produkte sind? Ihre Budget reicht nichtmal für ein Taxi?
- Stellen Sie sich vor, Sie stehen hinter der Bar, vor Ihnen sitzen Ihr 10 wichtigsten Bartender, heute als Gast. Einer Ihrer Zulieferer betritt den Raum und fängt an vor Ihren Kunden über Ihr Geschäftsgebaren, Ihre Verträge, Ihre Produkte zu reden und diese in Frage zu stellen – Unangenehm oder? – Das Gleiche machen Sie aber jeden Abend, wenn Sie Bartendern in Ihrer Bar Ihren Marketing Mist erzählen wollen. Neben mir sassen noch andere Gäste in der Bar – was glauben Sie, wie Ihre Schmierenkomödioe auf die gewirkt hat?
Wenn ein Staubsaugervertreter plötzlich seine “Verkaufsaktion” in meiner Bar durchführt, erteile ich Ihm Hausverbot. Warum schlecht erzogenen Vertreter der Spirituosenindustrie geleiches tun dürfen und eine Art Narrenfreiheit besitzen, ist mir unbegreiflich. Meine Empfehlung an Bartender: Rausschmeissen und beim Vorgesetzten beschweren!
- Entspannen Sie sich! Auch andere Mütter haben schöne Töchter, weiss schon der Volksmund. Alle Großen Spirituosenhäuser haben einige echte Bartender-Lieblinge im Programm, viel Mittelmass und selbstverständlich auch Mist, der in keiner guten Bar stehen sollte. Sie sprechen hier mit Bartendern, Menschen, die den ganzen Tag nichts anderes machen als sich mit Alkohol auseinanderzusetzen. Wollen Sie denen wirklich einen Bären aufbinden? Hören Sie auf über Ihre Brands zu reden. Und wenn sie sich beliebt machen wollen, sozusagen das Eis brechen möchten, ordern Sie doch mal einen Longdrink mit der Premium Spirituose des Mitbewerbers. Der FMCG Markt ist ein schneller. Wer weiss ob der heute schlecht geredete Mitbewerber-Brand nicht morgen in Ihrem Portfolio steht. Möglich ist alles.

Ich bitte nicht nur Batman und Robin, sondern eine Teil der geschätzten Spirituosenindustrie um freundliche Beachtung.
Das es hier auch eine Menge Profis gibt, die solches Reglement nicht benötigen ist klar, einigen kann es nicht schaden!
Nach dem frustrierenden Abend gestern kann ich nicht umhin für “Le Lion” schon mal eine kleine Hausregel auszugeben:

Hausregelnummer 1:

Vertreter aller Spirituosenfirmen und “Artverwandte” sind herzlich willkommen – Wer uns während unserer Öffnungszeiten, sozusagen im Barbetrieb, ein Verkaufsgespräch oder ähnliches in der Bar aufschwatzen will, sollte damit rechnen, vor die Tür gesetzt zu werden.

Falls Kollegen hier nennenswerte Verfehlungen “los werde wollen”, freue ich mich auf rege Kommentare – aber immer schön an den “Kommentar Schreiber Knigge” denken.

Text: Jörg Meyer

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